AG München | Keine Haftung des Reiseveranstalters für Sturz vom Kamel

PressemitteilungEine Haftung des Reiseveranstalters wegen Verwirklichung der allgemeinen Tiergefahr kann ausgeschlossen sein. Das entschied das Amtsgericht München durch Urteil vom 24.06.2015. Demnach hafte ein Reiseveranstalter nicht für die allgemeine Gefahr, die von einem Tier ausgeht (Pressemitteilung des AG München vom 07.08.2015). Das gilt vor allem dann, wenn es dem Kläger nicht gelingt, dem Reiseveranstalter oder dessen Erfüllungsgehilfen ein Fehlverhalten nachzuweisen.

 

Der Sachverhalt:

Der Kläger buchte bei einem Reiseveranstalter eine Ägyptenreise inklusive Nilkreuzfahrt. Auf dem Kreuzfahrtschiff buchte er einen Ausflug inklusive Kamelausritt.  Während des Ausflugs wurde das Kamel durchgehend von seinem Kameltreiber am Zügel geführt. Das Kamel auf dem der Kläger saß stolperte und scheute sodann, wobei es sich mit den Vorderbeinen aufstellte. Hierbei stürzte der Kläger von dem Tier. Bei dem Sturz wurde die Videokamera des Klägers beschädigt. Außerdem erlitt er eine Rippenfraktur und eine Thoraxprellung. Der Kläger wurde im im örtlichen Krankenhaus ärztlich versorgt und musste hierfür 13 Euro bezahlen.

Der Kläger behauptet, er habe aufgrund der durch den Sturz erlittenen Verletzungen und der hieraus resultierenden Schmerzen zwei Drittel seiner Urlaubszeit nutzlos aufgewendet. Er habe weder Tauchen noch anderen Sportarten nachgehen können.  Er verlangte vom Reiseveranstalter Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 3.378 Euro. Dabei ist er der Auffassung, der Reiseveranstalter habe für das Verhalten des Kameltreibers einzustehen. Dieser habe keinerlei Anstalten gemacht, den Sturz des Klägers zu verhindern.

Der Reiseveranstalter zahlte nicht und beantragte die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht wies die Klage in vollem Umfang ab und gab dem Reiseveranstalter Recht.

Der Kläger habe nicht vorgetragen, was der Kameltreiber hätte unternehmen können, um das Aufbäumen des Kamels zu verhindern. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers habe der Tierführer den Zügel des Kamels in der Hand gehabt. Auch habe der Kläger selbst vorgetragen, dass das Tier gestolpert sei. Dies geschah plötzlich und unvorhersehbar. Es reiche daher nicht aus, pauschal zu behaupten, der Kamelführer habe darüber hinaus nichts getan, um den Sturz zu verhindern. Es fehle am Vortrag des Klägers, was der Tierführer einerseits hätte konkret unternehmen können, andererseits er konkret unterlassen habe, um den Sturz zu verhindern.

Das Gericht führte aus, es habe sich allein die Tiergefahr verwirklicht, die von einem Tier ausgeht. Weder dem Kamelführer noch dem Reiseveranstalter sei diese Tiergefahr zuzurechnen.

Anmerkungen zu diesem Urteil:

Diese Pressemitteilung lässt erkennen, dass das Gericht – mangels Vortrag des Klägers – kaum eine andere Möglichkeit hatte, anders zu entscheiden. Denn dem Kläger ist es nicht gelungen, das Gericht vom Vorliegen aller Voraussetzungen zu überzeugen, die ein Schadensersatzanspruch oder auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld erfordern. Der Kläger als derjenige, der einen Anspruch für sich geltend macht, hat die für ihn günstigen Anspruchsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen. So hat er es an dieser Stelle unterlassen, den Beweis dafür zu liefern, dass entweder der Reiseveranstalter selbst oder der Kamelführer als sein Erfüllungsgehilfe einen Reisemangel zu vertreten hätten. Er hat auch nicht vorgetragen, dass dem Reiseveranstalter oder dem Tierführer ein Verschulden bezüglich der Körperverletzung oder des Schadens an der Videokamera träfe. Nur dann, wenn neben allen anderen Voraussetzungen auch ein Verschulden und Vertretenmüssen bewiesen werden kann, kann auch zu Gunsten des Klägers entschieden werden.

Weiter ist zu erkennen, dass der Vortrag des Klägers den Beklagten noch gestärkt hat. Der Kamelführer hat auch nach dem klägerischen Vortrag den Zügel in der Hand gehalten. Dem Tierführer kann also nicht vorgeworfen werden, das Kamel sich selbst überlassen zu haben. Der Kläger hat weiter vorgetragen, das Kamel sei plötzlich und unvorhersehbar gestolpert und habe sich dann auf die Vorderbeine aufgestellt. Es gab mit anderen Worten keine Anzeichen dafür, dass das Kamel für den Ausritt ungeeignet war oder von Beginn des Ausrittes an besonders nervös oder scheu. All das ist Vortrag, der dem Beklagten in die Hand spielt, ihn stärkt und den Kläger schwächt.

Ungeachtet der Tatsache, dass die vom Gericht zu Recht angenommene Verwirklichung der Tiergefahr es  dem Kläger nicht leichter machte, seine Ansprüche durchzusetzen, ist hier gut zu erkennen, dass die Inanspruchnahme rechtskundiger Hilfe fast immer geboten ist. Sie kann eine Einschätzung darüber abgeben, wie die Erfolgsaussichten einer Klage zu beurteilen sind, und ob die anspruchsbegründenden Tatsachen bewiesen werden können.



Ein anderer Artikel aus dem Bereich Reiserecht befasst sich mit Ansprüchen von Fluggästen gegen ihre Airline bei einer Flugverspätung. Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung bestimmt, dass im Falle einer Flugverspätung Betroffene bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch in Höhe von bis zu 600 Euro gegen das Luftfahrtunternehmen geltend machen können. — Erfahren Sie mehr —

Bengt Langer
Letzte Artikel von Bengt Langer (Alle anzeigen)

One thought on “AG München | Keine Haftung des Reiseveranstalters für Sturz vom Kamel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert