Amtsgericht Düsseldorf | Beleidigung im Internet ist strafbar

Rechtsprechung OLG Hamm Kündigung Bausparvertrag Urteil 22.06.2016 - 31 U 234/15Beleidigungen im Internet sind strafbar. Das Internet ist kein rechtsfreier und kein anonymer Raum. Auch Jugendliche und Heranwachsende sollten sich darüber bewusst werden, dass beleidigende Äußerungen in Foren, auf Profilen sozialer Netzwerke und auch sonst überall im Internet rechtswidrig sind.  Dementsprechend konsequent verurteilte das Amtsgericht Düsseldorf eine 14-jährige Schülerin  wegen Beleidigung zur Ableistung von 20 Arbeitsstunden (AG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2016 – 137 Ds -70 Js 1831/16–63/16).

Der Sachverhalt:

Die zum Tatzeitpunkt 14-jährige Jugendliche Angeklagte wuchs unter schwierigen Verhältnissen auf. Die Eltern der Angeklagten litten beide unter gesundheitlichen Problemen. Die Mutter war bereits seit vielen Jahren psychisch krank. Als die Angeklagte sechs Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. Die ältere Schwester der Angeklagten lebte bei den Großeltern. Einige Jahre tat das auch die Angeklagte. Die Familie wurde intensiv seit vielen Jahren vom Jugendamt unterstützt. Im Jahre 2015 lebte die Angeklagte in mehreren stationären Einrichtungen. Sie konnte sich langfristig hierauf jedoch nicht einlassen. Seit Oktober 2015 lebte sie bei ihrem Vater und dessen Lebensgefährtin. Der Vater wurde seitdem durch eine ambulante erzieherische Hilfe unterstützt. Die Angeklagte befindet sich nach der Diagnose einer ADHS-Problematik in therapeutischer Behandlung.

Die Beklagte besuchte verschiedene Schulen. Zuletzt wechselte sie auf eine Förderschule. Dort besuchte sie die siebte Klasse. Aufgrund von erheblichen Konzentrationsschwierigkeiten wurde sie im Rahmen einer Kurzbeschulung für zwei Stunden täglich beschult.

Strafrechtlich war die Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagte sich der Beleidigung schuldig gemacht habe. Am 12.11.2015 habe sie im Klassenraum ein Foto ihres Lehrers  gefertigt. Dieses habe sie auf ihre Facebookseite gestellt. Das Foto habe sie mit „Behinderter Lehrer ever“ kommentiert. Sowohl für den Freundeskreis der Angeklagten als auch für deren Freunde war das Foto sichtbar. Angesprochen auf das Fehlverhalten, löschte die Angeklagte das Foto wieder.

Die Angeklagte war geständig. Sie habe sich über den Lehrer geärgert. Dieser habe zuvor ein Foto von ihr ohne ihr Einverständnis für die Homepage der Schule gemacht. Sie habe sich deswegen an ihm rächen wollen.

Die Angeklagte habe sich hiermit der Beleidigung nach §§ 185, 194 StGB, §§ 3, 74 JGG strafbar gemacht.

Festsetzung des Strafmaßes:

Zu Gunsten der Angeklagten wurde berücksichtigt, dass sie geständig war. Sie habe ihr Fehlverhalten eingesehen und das Foto wieder gelöscht. Die Tat wurde in einer für die Angeklagten schwierigen privaten Zeit begangen. Letztlich sei sie strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten.

Zu Lasten der Angeklagten wurde festgestellt, dass das Foto einem unüberschaubar großem Personenkreis zugänglich gemacht wurde.

Unter Abwägung dieser Feststellungen, wurde der Angeklagten aufgegeben, 20 Arbeitsstunden nach Weisung der Jugendgerichtshilfe abzuleisten. Weitere Maßnahmen seien nicht erforderlich gewesen. Zum einen seien durch das Jugendamt bereits weitere Hilfen in der Familie installiert, zum anderen genüge die Aufgabe von 20 Arbeitsstunden, um der Angeklagten ihr Unrecht nochmals vor Augen zu führen.

Eigene Anmerkungen:

Die Angeklagte wurde gemäß § 3 JGG für strafrechtlich verantwortlich erachtet. Sie sei in der Lage gewesen und habe nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung die Reife besessen, dass Unrecht ihrer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Gemäß § 74 JGG wurde davon abgesehen, der Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Dieses Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf verdeutlicht in aller Einfachheit, dass auch vermeintlich kleine beleidigende Äußerungen strafrechtlich verfolgbar sind und zu einer Verurteilung führen können. Das gilt auch für Beleidigungen, die durch Jugendliche und Heranwachsende im Internet begangen werden. Weder ist das Internet ein rechtsfreier Raum, noch ist es ein derart anonymer Ort, wie so mancher es womöglich vermutet und sich erhofft.

Unter einer Beleidigung ist grob zu verstehen:

Jede eigene Kundgabe, die gegenüber einem anderen die Missachtung, Nichtachtung oder Geringschätzung zum Ausdruck bringt.

Ob tatsächlich in der Kundgabe eine Beleidigung zu erkennen ist, ist durch Auslegung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu ermitteln. In dem vom Amtsgericht Düsseldorf gefällten Urteil  fiel die Auslegung zu Lasten der Angeklagten aus. Sie habe sich nach eigener Einlassung an ihrem Lehrer rächen wollen und stellte ihn als „Behinderter Lehrer ever“ dar. In dieser Kundgabe und nach Würdigung der vorliegenden Gesamtumständ lag ohne Zweifel eine Beleidigung vor. Der erforderliche Strafantrag wurde fristgerecht gestellt. Die Angeklagte war daher wegen einer Beleidigung zu verurteilen.

Das Urteil lässt ein ganz generelles Problem erkennen. Zwischen dem Tatzeitpunkt (der Beleidigung) und der tatsächlichen Verurteilung vergingen mehr als sechs Monate. Gerade im Bereich des Jugendstrafrechts ist es bedauerlich, dass zwischen der Tat und der Verurteilung ein derart langer Zeitraum liegt. Es ist auch ansonsten ein Problem. Beispielsweise erinnern sich Zeugen nach einer derart langen Zeit möglicherweise nicht mehr an wichtige Details. Das ist für die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen dann ein Ärgernis. Man kann den Gerichten hieraus jedoch keinen Vorwurf machen. Sie sind häufig überlastet.

Bengt Langer
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