BGH | Kündigung von Altverträgen durch Bausparkasse 10 Jahre nach Zuteilungsreife rechtmäßig

Kündigung von Altverträgen durch Bausparkassen rechtmäßig:

Am 21.02.2017 entschied der Bundesgerichtshof in zwei Revisionsverfahren darüber, ob die Kündigung von sogenannten Altverträgen durch die Bausparkasse rechtmäßig ist. Bei diesen „Altverträgen“ handelt es sich um Bausparverträge, die seit mindestens 10 Jahren zuteilungsreif sind. Die Entscheidungen fielen zu Gunsten der Bausparkassen und zu Lasten der Bausparer aus. Bausparverträge, die seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif sind, können von den Bausparkassen gekündigt werden. Diese Kündigungen sind rechtmäßig. Der Streit verschiedener Oberlandesgerichte über diese Frage ist damit entschieden. Der BGH hat mit diesen Entscheidungen Rechtsklarheit geschaffen.  Aufgrund der derzeit niedrigen Zinsphase wird zu befürchten sein, dass unzählige hochverzinste Altverträge seitens der Bausparkassen gekündigt werden.

Inhalt der Pressemeldung des BGH:

Da die Urteile im Volltext noch nicht veröffentlicht sind, kann lediglich auf den Inhalt der Pressemeldung des BGH verwiesen werden. Ihr ist zu entnehmen, dass Grundlage der rechtmäßigen Kündigung der § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der Fassung bis zum 10. Juni 2010, bzw. der § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der seitdem geltenden Fassung ist. In einem der beiden Revisionsverfahren war der Bausparvertrag bereits seit dem 01. April 1993 zuteilungsreif.  Diesen Vertrag kündigte die Bausparkasse am 12. Januar 2015 zum 24.Juni 2015. In dem zweiten Verfahren wurden zwei im Jahre 1999 geschlossene Bausparverträge am 12. Januar 2015 zum 24. Juni 2015 von der Bausparkasse gekündigt.

In erster Instanz vor dem Landgericht Stuttgart blieben die klagenden Bausparer erfolglos. Sie gingen in Berufung und erhielten vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Recht. Dieses stellte fest, dass die Bausparverträge nicht durch Kündigung beendet wurden. Die Bausparkasse sei nicht zur Kündigung berechtigt gewesen. Der Bundesgerichtshof hob die Urteile des Oberlandesgerichts auf. Er stellte die erstinstanzlichen Urteile des Landgerichts Stuttgart wieder her. Die Klagen der Bausparer blieben damit im Ergebnis ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof folgt damit der überwiegenden Ansicht der Instanzrechtsprechung und Literatur. Die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 a.F. gelte auch zu Gunsten der Bausparkasse als Darlehensnehmerin. Die Bausparkasse sei während der Ansparphase Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens komme es zum Rollentausch. Nach Inanspruchnahme sei dann die Bausparkasse der Darlehensgeber und der Bausparer der Darlehensnehmer. Das Darlehensrecht – so der BGH – ist auch auf Bausparverträge anwendbar. Entsprechend gilt es auch für die Bausparkassen. Befinden sie sich in der Rolle des Darlehensnehmers, können sie vom Kündigungsrecht Gebrauch machen.

Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung mit dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes, sowie dessen Entstehungsgeschichte. Danach solle es jedem Darlehensnehmer möglich sein, sich spätestens nach 10 Jahren durch Kündigung vom Vertrag zu lösen.

Ein Dreh- und Angelpunkt des Streites war bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes, wann die Bausparkasse das Darlehen vollständig vom Bausparer empfangen hat. Ist dabei auf den Zeitpunkt der erstmaligen Zuteilungsreife oder auf den Zeitpunkt der Vollansparung der Darlehenssumme abzustellen? Auch diese Frage hat der Bundesgerichtshof entschieden. Die Bausparkasse hat bereits mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife das Darlehen vollständig empfangen. Dies entspreche dem Zweck des Bausparens. Zweck des Bausparens aus Sicht des Bausparers sei es, durch Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Dieser Zweck sei mit Erreichen der erstmaligen Zuteilungsreife erreicht. Irrelevant sei, dass der Bausparer auch nach Erreichen der erstmaligen Zuteilungsreife ggf. weiterhin verpflichtet sei, Ansparleistungen zu erbringen. Diese weiteren Ansparleistungen dienten dann jedenfalls nicht mehr der Zweckerfüllung, da dieser bereits erfüllt sei.

Ausblick:

In dem Artikel „OLG Hamm | Kündigung von Bausparverträgen 10 Jahre nach Zuteilungsreife durch die Bausparkasse rechtmäßig“ berichtete ich über eine der für Bausparer ungünstige Entscheidung. Der BGH hat sich nun leider gegen die Verbraucher gestellt und erachtet die Kündigungen von Altverträgen als rechtmäßig. Tatsächlich dürfte dies dem Sinn des Gesetzes entsprechen, wonach jedem Darlehensnehmer das Recht zur Kündigung nach 10 Jahren zustehen soll. Tatsächlich ist der Zweck des Bausparens auch darin begründet, ein zinsgünstiges Darlehen zu erhalten. Zweck des Bausparens war es nicht, in Zeiten eines niedrigen Zinsniveaus eine gut verzinste Kapitallanlage in Form eines Bausparvertrages auf nahezu unbegrenzte Dauer hinweg zu erhalten.

Nach diesen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes besteht endlich Klarheit darüber, dass die Kündigungen von Altverträgen durch die Bausparkassen rechtmäßig sind. Die Bausparkassen werden nun zahlreiche hochverzinste Bausparverträge kündigen. Damit werden Bausparer zu rechnen haben.

Sollten Bausparer eine Kündigung des Bausparvertrages ihrer Bausparkasse erhalten, so sollten sie zumindest darauf achten, ob die Kündigung wirksam ist. Die Kündigung muss ihnen gegenüber deutlich zum Ausdruck gebracht werden. Das wird regelmäßig schriftlich erfolgen, muss es streng genommen aber nicht. Die gesetzliche Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist von den Bausparkassen einzuhalten. Diese beträgt sechs Monate. Gemäß § 489 Abs. 3 BGB ist der geschuldete Betrag binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzuzahlen. Geschieht dies nicht, so fingiert die Vorschrift, dass eine Kündigung nicht erfolgt sei. Der Bausparvertrag bestünde in einem solchen Fall unverändert fort. Es wird nicht zu erwarten sein, dass Bausparkassen diese Frist verstreichen lassen, ohne den geschuldeten Betrag an die Bausparer auszuzahlen. Sollte diese Auszahlung jedoch wider Erwarten verspätet geleistet werden, so bestünde der Bausparvertrag fort und müsste erneut unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden.

Bengt Langer
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