OLG Hamm | Versand einer Werbemail kann Vertragsstrafe auslösen

Bei Versand einer unerwünschten Werbemail droht eine Vertragsstrafe:

Unternehmer, die E-Mail-Werbung an andere Unternehmer versenden, setzen sich möglicherweise einem erheblichen Kostenrisiko aus. Der Versand unerwünschter E-Mail-Werbung kann zur Anwendung einer Vertragsstrafe führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die unliebsame Werbemail unter Kaufleuten versandt wurde. Außerdem muss der Werbende zuvor abgemahnt worden sein und ein Vertragsstrafeversprechen abgegeben haben. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 25.11.2016 (OLG Hamm, Urteil v. 25.11.2016 – 9 U 66/15). Das Gericht verurteilte einen Unternehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro, nachdem er trotz Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erneut eine Werbemail ohne Einverständnis des Adressaten an diesen versandt hatte

Der Sachverhalt:

Die Klägerin in diesem Verfahren war eine Opel-Vertragswerkstatt. Die Beklagte ein Werbeunternehmen. Gegen den Willen der Klägerin erhielt diese vom Beklagten erstmals im Jahr 2011 E-Mail-Werbung. Hieraufhin mahnte die Klägerin die Beklagte ab. Die Beklagte unterzeichnete daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung. In dieser verpflichtete sich die Beklagte es zu unterlassen, an die Klägerin unaufgefordert Werbemails zu versenden. Außerdem verpflichtete sich die Beklagte für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Klägerin 3.000 Euro zu zahlen.

Im Jahr 2014 erhielt die Klägerin erneut eine Werbemail der Beklagten. In dieser Werbemail bewarb die Beklagte konturgeschnittene Folienaufkleber. Auch diese Werbemail wurde der Klägerin ohne deren Zustimmung zugesendet.

Kurz nach Erhalt dieser Werbemail forderte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz zur Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro auf. Die Beklagte habe gegen die von ihr abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen. Sie habe daher die Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen. Außerdem sollte die Beklagte nun eine neue Unterlassungserklärung mit höherer Vertragsstrafe abgeben sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten der Klägerin erstatten.

Die Beklagte bestritt, die Werbemail an die Klägerin versandt zu haben. Sie leistete keine Zahlungen an die Klägerin. Auch eine neue strafbewehrte Unterlassungserklärung gab sie nicht ab.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das OLG Hamm entschied, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch zusteht. Dieser ergebe sich aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich bestehe der Anspruch der Klägerin aus der von der Beklagten unterzeichneten Unterlassungserklärung aus dem Jahr 2011.

Nach der Beweisaufnahme stand für den erkennenden Senat ohne Zweifel fest, dass die Werbemail tatsächlich von der Beklagten an die Klägerin versandt wurde. Die Vertragsstrafe in Höhe von 3.000 Euro sei auch nicht nach den §§ 343 BGB, 348 HGB herabzusetzen gewesen. Auch unter Heranziehung des § 242 BGB sei die Höhe der Vertragsstrafe nicht zu beanstanden gewesen. Das hierfür erforderliche Missverhältnis der Vertragsstrafe zum Gewicht der Zuwiderhandlung konnte nicht festgestellt werden.

Mit dieser Entscheidung bestätigte das OLG Hamm im Wesentlichen die vorausgehende Entscheidung des Landgerichts Münster (LG Münster, 1. Kammer für Handelssachen, Urteil v. 14.01.2015 – 21 O 102/14). Das Landgericht verwies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach liege bereits bei erstmaliger Zusendung einer Werbemail unter Nichtkonkurrenten ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb vor. Das gelte zumindest dann, wenn eine vorherige Einwilligung des Adressaten nicht erfolgt sei.

Anmerkungen zum Urteil:

Die Entscheidung des OLG Hamm stellt eines unmissverständlich klar. Das Versenden bereits einer unerwünschten Werbemail von einem Unternehmer zu einem anderen kann empfindliche Kosten nach sich ziehen. Dabei müssen die Unternehmer nicht einmal Mitbewerber sein. Es ist also nicht erforderlich, dass die Unternehmer zueinander in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen.

Bereits die erste Werbemail kann zu einer Abmahnung führen. Typischerweise wird im Rahmen der Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Zukünftige Zuwiderhandlungen hiergegen führen sodann zur Verwirkung der Vertragsstrafe. Dies dient dem Zweck, die Gefahr zukünftiger weiterer Störungen zumindest zu minimieren. Die erste Störung, also diejenige, die der Unterlassungserklärung vorausging, begründet bereits eine Wiederholungsgefahr.

Die Verwirkung der Vertragsstrafe – das stellt das OLG Hamm in seiner Entscheidung klar – ist mit 3.000 Euro nicht unangemessen hoch. Dies gilt schon bei Zusendung der ersten Werbemail nach Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung. In einer aktuellen Entscheidung des OLG Köln wurde auch eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 Euro als angemessen erachtet. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsstreit wurde nach Abgabe eines Vertragsstrafeversprechens ein Produkt zwar nicht länger selbst von der Handelsgesellschaft irreführend aber durch das Einstellen von Kundenbewertungen auf der Firmenwebseite beworben.

Unternehmer die Werbemails an andere Unternehmer versenden setzen sich einem erheblichen Kostenrisiko aus. Dies jedenfalls dann, wenn die von ihnen versandte Werbemail vom Adressaten nicht erwünscht ist. Unternehmer sollten von daher peinlich genau darauf achten, ob und wem sie unaufgefordert Werbemails zusenden. Andernfalls drohen in einem ersten Schritt mitunter zahlreiche Abmahnungen der jeweiligen Adressaten. Schlimmstenfalls wird bei erneuter Zuwiderhandlung jeweils eine empfindliche Vertragsstrafe für den erneuten Versand einer unerwünschten Werbemail fällig.

 

Bengt Langer
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